Dr. Hartmut Lenk, Germanistisches
Institut der Universität Helsinki
Konnotationen bzw. Stilwertmarkierungen von Wortbedeutungen
im Zusammenhang mit der Struktur des Wortschatzes
Lexeme lassen sich unterscheiden
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nach der Herkunft und dem Grad der Integration in die Zielsprache
(Eindeutschung):
diaintegrative Markierung als Fremdwort,
Lehnwort
und Erbwort;
bei den Fremdwörtern ist außerdem eine Markierung
als Internationalismus (Computer, Kompensation, ...) oder
Bezeichnungsexotismus
(Bundestag, Nationalrat, Nationalversammlung, Duma, Knesseth, ...;
Ministerpräsident, Landeshauptmann, ...) möglich.
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nach der zeitlichen Gliederung des Wortschatzes bzw. dem
Entstehungszeitpunkt des Wortes:
diachronische Markierung als Archaismus
(veraltetes oder veraltendes Wort, vgl. Konterfei für Porträt,Aeroplan
für Flugzeug, Niederkunft für Entbindung
usw.),
Neologismus
(Neuwort, vgl. chatten, simsen,
Minidiskplayer),
Historismus
(d. h. eine Bezeichnung für eine Sache, die es nicht mehr gibt, vgl.
Ablasshandel oder FDJ-Sekretär) und (speziell unter
stilistischem Aspekt) als Anachronismus (Verwendung eines diachron
markierten Ausdrucks in historisch unpassendem Kontext)
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nach der räumlichen (nationalen und regionalen) Beschränkung:
diatopische Markierung als Teutonismus
(Sahne; Strammstehen),
Austriazismus (Obers;
Habachtstellung),
Helvetismus (Rahm oder Obers; Achtungstellung); vor
allem aber auch als
Regionalismus (vgl. Heteronyme/territoriale
Dubletten wie
Karotte/Möhre/Mohrrübe oder Brötchen/Schrippe/Semmel
oder Wischlappen/Feudel/Hader oder Broiler, Plast(e)
(nur ostdt. = ehem. DDR) für (Brat-) Hähnchen bzw. Plastik,
3-Raum-Wohnung (ostdt.) statt 3-Zimmer-Wohnung u. ä.);
teilweise können Bezeichnungsexotismen auch in diese Gruppe gerechnet
werden: Matura (Österr. u. Schweiz), Matur (nur Schweiz),
Abitur („binnendeutsch")
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nach der sozialen Beschränkung als Gruppen- oder Sonderwortschatz:
diastratische Markierung z. B. als Szenewort,
jugendsprachlich,
Soldaten-/Studenten-/Gaunersprache,
Berufsjargon (etwa der Ärzte), ideologiegebunden usw.
– oft verknüpft mit Stilschichtzuweisungen wie gehoben, bildungssprachlich,
salopp,
derb etc.
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nach der Zugehörigkeit zu einem bestimmten Fachwortschatz:
diatechnische Markierung, z.B. als Fachwort/Terminus
der
Physik, Medizin, Linguistik usw.
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nach der Attitude (Einstellung):
diaevaluative Markierung als neutral oder
(emotional) bewertend
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nach der Textfrequenz:
diafrequente Markierung als sehr beliebt (Modewort,
Schlagwort)
oder selten
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nach der Bevorzugung bzw. Meidung in bestimmten Kommunikationsbereichen
und Textsorten
diatextuelle Markierung, z.B. als Textsortensignal
etwa für Kondolenzbriefe (Beileid, Anteilnahme, mit stillem Gruß
usw.)
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nach der Bevorzugung oder Meidung in der schriftlichen bzw.
mündlichen Kommunikation:
diamediale Markierung